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Chronologie

Auf dieser Seite finden Sie ein paar fürs Gasterntal relevante geschichtliche Ereignisse.

1374: Urkunde
Erblehensvertrag vom 23. Juni 1374: Der Kirchherr von Frutigen gibt die Güter seiner Kirche im Gasterntale einigen Bauern zu Lehen.

Ruof (Rudolf) an der Kander und Peter, Sohn von Wilhelm an der Kander, gesessen im Gasterntal, bekennen, für sich und eine Reihe von Mithaften die Güter der Kirche Frutigen im Gasterntal auf Lebenszeit der beiden Trager vom Frutiger Kirchherrn Rudolf von Weissenburg zu Lehen empfangen zu haben.

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Wir Ruof an der Kander und Peter, Willcms sun an der Kander, gesessen in Gastron in der parrochie von Frutingen in Losner bistom, vergehen offenlich und tuen kunt alrmenlichen mit disem briefe, sid der erwirdig man herr Ruodolf von Wissenburg, kilch-herre ze Frutingen, úns die gnade erzouget und getan het, daz er úns zwein an únser stat und an dirre nachgeschribner únser gerneindern stat, mit namen Ruofz, Willems suns an der Kander, Peters Synnigen, Jaggis Guoten, Martins Gorners, Jaennis Tatzers, Michels, Walthcrs Anthonien und Johanses genemt an der Kander, ze rechtem lene recht und redlich verlúhen hat siner der egen. kilchen von Frutingen gueter, gelegen und geheissen in Gastron vorgn., von dem Getúlle in untz an die gletscher, mit húsern, mit hofstetten, mit grúnden, mit graeten, mit bergen, mit alpen und mit aller zuo gehoerde, alz och der brief stat, den er uns dar umb gegeben hat, so vergehen wir offenlich, daz wir zwene, Ruof und Peter, mit rate, wissende, willen und gehellunge der egen. unsrer gemeindern dú vorgn. gueter emphangen haben und úns verlúwen sint in aller der forme und in allen dien gedingen, alz hie nach gescriben stant. Mit narren dez ersten, so súllen wir die vorges. zwene, Ruof und Peter, an unser stat und an Unser der egen. gemeindern stat dem vorgen. kern Ruodolf oder sinen nachkomen von dien vorges. guetern iaerlich uff sant Martins tag ze zinse geben ane uffzog mit namen vier guot urfuor mit der wollen, ein phunt phaeffers, saechs kaese genemmet vatscherey und zehen phunt alter kleiner phen., ane geverde, guoter und gemeiner im lande. Und wenne under úns zwei einer erstirbet, wedrer das ist, so sol mit rechten gedingen der halb teil úber und úber der vorges. Verlúhenen guetern mit aller siner zuogehoerde der egen. kilchen ze Frutingen vrii, lideklich und ler gevallen sin und súllent und múgent von des hin der egen. kilcherre, herr Ruodolf, oder sin nachkomen den selben teil mit aller zuogehoerde besetzen, entsetzen und lihen weme si wellent alz och andrú vriie und lidigú kilchen gueter, ane alle unser und menlichz widerrede und geverde. Och ist ze wissende, wenne wir zwene beide ersterben, so súllent dú vorgen. verlúwnú gueter in Gastron der egen. kilchen ze Frutingen elleklich und gentzlich úber al mit aller zuogehoerde vrii, lidig und ler gevallen sin mit rechten gedingen, und sullent dar nach die vorges.únser gemeinder und och nieman anders me dar an weder teil noch gemein me han und súllent von deshin der egen. kilchcrre, herr Ruodolf, oder sin nachkomen dú vorgn. gueter in Gastron liberal elleklich mit aller zuogehoerde besetzen, entsetzen und lihen, wem su wellent alz och andrú vriie und lidigú kilchen gueter, und sol inen des nieman vor sin, und súllent von deshin tot und ab sin alle die schirme, vriieheit und helfe, briefe, allú dú kraft und gcdinge súllent der vorgn. kilchen ze Frutingen unschedlich sin, so ie da har untz uff disen hútingen tag, alz dirre brief geben ist, umb das vorg. tal Gastron gueter und rechtung in keinen weg gevertiget und gelouffen sint, ane alle geverde. Und in aller der wise und forme, alz hie vor gescriben stat, so loben wir die vorg. zwene, Ruof an der Kander, Peter, Willems sun an der Kander, und mit inen wir iro gerneinder, alz wir hie vor genemt und verscrieben sin, fúr úns und fúr unser erben unverscheidenlich, allú disú vorges. ding und gedingú in aller der wise, alz si hie vor gescriben stant und gelútert sint, bi guoten truwen stant und veste ze habenne und niemmer da wider ze redenne noch ze tuonde, weder heimlich noch offenlich, und niemanne ze gehellenne noch ze gestanne, der hic wider tuon oder reden woelte in keinen weg, ane alle geverde. Dirre dinge sint gezúge Johans Brabant, Peter Grischo, Claus Schlegel, Peter Tschachtlan, der weibel, Claus Martis von Frutingen und ander vil. Und ze einem offenn urkúnde aller dirre vorgescribner dingen so haben vor an wir, die vor-genanten Ruof und Peter, und dar nach wir, die vorges. ir gemeinder, alz wir hie vor gescriben und genemt sin, haben wir enander erbetten die bescheidenen manne mit namen Willemen von Ansoltingen, edelnknecht, tschachtlan ze Frutingen, und Thomaten im Rorbache von Frutingen, daz si iro ingesiglú fúr úns har an gehenket hant, das och wir die vorgn. Willem von Ansoltingen und Thomat im Rorbach dur ir aller bette getan haben an disen brief, der geben wart an sant Johanses abende ze súngricht, do man zalt vou gottes gebúrt (gebúrt) drúzehenhundert sibentzig und vier iar.

Dieser Erblehensvertrag von 1374 wurde mit Vertrag vom 30. August 1464 zwischen dem Kloster Interlaken und den Bewohnern des Gasterntales, unter ihnen „Hensli Jörien und Christinen Jannen Müllers sel. Kinden" bestätigt.

Abschrift aus:

Fontes rerum Bernensium: Bern's Geschichtsquellen, IX, S. 397 ff. Nr. 859. Bern: Verlag von Karl Stämpfli, 1877-1956.

Staatsarchiv des Kantons Bern

1464: Urkunde
Das Gasterntal wird in einer weiteren Urkunde erwähnt:

Hans (Johann) Jennelli, Peter Bühler und Mithafte bekennen, vom Kloster Interlaken und vom Kirchherrn zu Frutigen, Peter Elpach, alle Güter der Kirche Frutigen im Gasterntal um 10 Pfund Pfennige jährlichen Zinses zu Erblehen empfangen zu haben.

Staatsarchiv des Kantons Bern

1696: Gasternbibel
Die Gasterer erhalten von Ulrich Thormann eine Piscator-Bibel von 1684 geschenkt. In der Bibel ist eine handschriftliche Widmung enthalten:

Gott dem Allmächtig und Allgütigen zu Lob und zu Beförderung Seines Heiligen Namens Ehr, Verehre ich Unterschriebener denen ehrsamen und bescheidenen Einwohnern des wilden Thals Gasteren ins Gemein diß Buch, in welchem begriffen ist das heilige Wort und Willen des Allmächtigen Gottes, der einzige Trost unßerer unstärblichen Seelen, die gnädige Verheißung unserer Erlösung und Säligkeit wodurch der Heilige Geist der Starke Finger Gottes aller Außerwelten Härz berührt und uns versichert der unendtlichen Liebe und Barmherzigkeit die Er in Christo Jesu bewisen hat.
Und wünsche hiermit von Härzen, daß durch Läsung dieser heiligen Bibel, diese Einwohner zunehmen in der Erkantnus in welcher besteht daß Ewige und Sälige Leben. Amen.
Ullrich Thormann alt Gubernator zu Ällen, Rächstsprächer in der hohen Appelation Kammer des Wältschen Landes, dißmaliger Besitzer des Einsamen Haußes Ralligen, patricius der Stadt Bärn.
Im Jahr als Ich auf Bewilligung der Oberkeit zur Befürderung deß gemeinen Nutzens und der Commercien mit Hilff Herren Abraham von Graffenriedt des grossen Rats, Haubtmann über ein Compagny auszüger die Straß über den Gasterenbärg biß an die Wallis-gräntzen gegen Lätschen aufgericht hab, war daß Jahr nach Christi unseres Erlösers und Säligmachers geburth Eintaußent Sechshundert Sech sund Nuentzigste.

MDCLXXXXVI

Es soll diese Bibel allezeit verbleiben inhanden des Eltesten Hausvaters oder Hausmutter derjenigen, so dass gantze Jahrauss in Gasteren Wohnen.

Die Gasternbibel ist eine Piscator-Bibel, benannt nach dem elsässischen Theologen und Bibelübersetzer Johannes Piscator. Seit der Reformationszeit hatte der Staat Bern für die Versorgung der Bevölkerung mit Bibeln Verantwortung übernommen. Es bestand darum ein Depot mit Lutherbibeln. Da Bern aber doch stärker mit den Reformatoren Zuwingli und Calvin verbunden gewesen war als mit Luther, wurde im 17. Jahrhundert nach einer andern Bibelübersetzung Umschau gehalten.

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Zürich hatte mit der Zürcher Bibelübersetzung, welche der Reformator Zwingli zusammen mit sprachkundigen Theologen gemacht hatte, ein starkes Übergewicht, und Bern wollte sich dem eigentlich nicht gerade unterziehen, auch als die Zürcher Bibel neu herauskam. Bern versteckte seine Zurückhaltung unter der Forderung, seine Mitherausgabe könne nur unter der Bedingung geschehen, dass alle reformierten Orte mitmachen würden. Dabei war aber von vornherein klar, dass Basel und Schaffhausen an der Lutherbibel festhalten würden. Die Nachfrage nach Bibeln hatte in jener Zeit im Bernervolk stark zugenommen. Bern kam dann auf die Bibelübersetzung von Piscator. Der war nach Luther und Zwingli der dritte Bibelübersetzer in deutscher Sprache. Piscators Bibelübersetzung war in Deutschland schon herausgegeben worden und Studierende aus Bern hatten solche Bibeln auch mit nach Hause gebracht. Die Übersetzung hatte Piscator sehr sorgfältig nach den ihm zur Verfügung stehenden hebräischen und griechischen Urtexten in die deutsche Sprache übertragen.
Schon in der Schulordnung von 1616 hatte die bernische Regierung verfügt, dass die Studierenden jeden Tag ein Kapitel aus der Piscatorbibel zu lesen hätten, wohl als Andacht und zur Förderung der Bibelkenntnis.
Die Piscator Bibelübersetzung zeichnete sich aus durch möglichst präzise Wiedergabe der Urtextes in deutscher Sprache, was manchmal auf Kosten der Schönheit des sprachlichen Ausdruckes geschehen musste. Sein höchstes Prinzip war, den Sinn der Ursprache wiederzugeben.
1681 entschied sich die bernische Regierung für die Piscatorbibel als offizielle Staatsbibel, trotz der Auseinandersetzung mit den kirchlichen Behörden, wegen gewissen sprachlichen Unschönheiten.
Professor Rudolf erhielt den Auftrag, die Einleitungen und Anmerkungen Piscators zu überarbeiten und zukürzen. Von der staatlichen Druckerei von Gabriel Thormann wurde eine Offerte ausgehandelt, und dessen Verlag sollte auch den Vertrieb der Bibeln besorgen.
Von der ersten Auflage von 5000 Exemplaren wurden 100 Bibeln auf besseres, 60 Exemplare auf rein weisses Papier gedruckt. Die Auslieferung begann 1684. Der Preis war so angesetzt, dass sich möglichst alle Bürger eine solche Bibel leisten konnten. Die 22½ Batzen wurden als günstig erachtet.
Als in den Sommermonaten 1696 bis 1698 eine Kompanie Soldaten unter anderem unter der Leitung von Major Ulrich Thormann, dem einstigen bernischen Landvogt von Aigle im Wallis, der alte Saumpfad über den Lötschenpass wieder hergestellt wurde, um damit die Überquerung des Lötschengletschers zu umgehen, fiel Thormann auf, dass die Leute von Gastern überhaupt keine Bibel besassen. Sie lebten in diesem kleinen Dörfchen weit weg von der Talkirche in Frutigen und wohnten damals das ganze Jahr in der Abgeschiedenheit ihres Bergtales.
Da Ulrich Thormann ein Vetter des Bibeldruckers Gabriel Thormann in Bern war, schenkte er den Leuten von Gastern ein Exemplar jener ersten Bibelausgabe, ein Folioband von 1684. Das geht aus der Widmung hervor, die er auf die erste leere Seite jener Bibel schrieb. Er verfügte, dass stets der älteste Hausvater oder die älteste Hausmutter für diese Bibel verantwortlich sein sollte. Für den Gottesdienst im Gasterntal (Gasternpredigt) wird bis heute jeweils diese diese Bibel verwendete. Auf hinteren leeren Seiten und heutzutage in einem separaten Buch sind ab dem Jahre 1822 regelmässige Eintragungen über den Gottesdienst, den Predigttext, Besucherzahl und wichtigste Ereignisse im Gasterntal gemacht worden. Als der Bundesrat im Präsidialjahr des Kanderstegers Adolf Ogi eine Reise ins Gasterntal unternahm, haben die Ratsmitglieder sich mit ihren Unterschriften vorne in der Gasternbibel eingetragen.
Die Piscatorbibel, die nur noch mit diesem Exemplar im Gasterntal in regelmässigem Gebrauch steht, hat im Bernbiet dann ihre eigene Geschichte gehabt. Die Predigerordnung von 1748 verlangt, dass für öffentliche Lesung, das heisst als Grundlage für Lesungen und Predigt im Gottesdienst, nur die Piscatorbibel verwendet werden dürfe. So galt während 160 Jahren in Unterricht und Gottesdienst nur die Bibelübersetzung Piscators als offizielles und staatlich verordnetes Unterrichtsmittel.
Da aber bei Neudrucken durch Überarbeitung manche Texte der Luther-Bibelübersetzung angepasst worden sind, verlor die Piscatorbibel ihre Einzigartigkeit. Von 1820 an wurde die Piscatorbibel nicht mehr vom Staat, sondern von der 1802 gegründeten Bernischen Bibelgesellschaft herausgegeben, damals schon in kleinerem Format (U. Junger, Die Gasternbibel - eine bernische Piscatorbibel, Pfarrer, Kandersteg, o.D.).

Piscator Bibel Gasterntal
Gasternbibel
Gasternbibel Ulrich Thormann Widmung

Abbildungen: Ausschnitt Titelseite der Piscator-Bibel von 1684 (A. Michael, 2014), in Rindsleder eingefasste Gasternbibel (A. Michael, 2014), Ausschnitt Widmung von Ulrich Thormann von 1696 (A. Michael, 2014).

1785: Gasternbibel neu eingebunden
Als Victor von Wattenwyl, Beat von Tscharner und Johannes Rudolf Bucher im Heumonat 1785 ins Gasterntal kamen, fanden sie die Bibel sehr übel zugerichtet. Das Buch wurde neu eingebunden und in Rindsleder eingefasst.
Nach der Widmung von Thormann ist eine weitere Aufzeichung in der Gasternbibel vorhanden:

Als wir im Heumonat 1785 in das Gasterntal kamen, so zeigte man uns diese Bibel, welche hieroben zu sehen, der Herr Ulrich Thormann der damaligen Bäuert in 1696 geschenkt hate. Durch die Länge der Zeit war das Buch, besonders der Band, sehr übel zugerichtet. Wir machten uns nun eine grosse Freude daraus dasselbe, so wirklich hundert und ein Jahr alt ist, durch einen neuen Band auf die ältesten Zeiten hinaus in guten Stand zu erhalten und wir haben keine Kösten spahren wollen, durch einen schönen Band unsere Ehrfurcht zu bezeugen, so wir gegen disses heilige Buch haben. Wir schenken euch nun durch den neuen Band eure Bibel zum zweiten Mahl: Ihr verlassese Bewohner dieses einsamen Thals, empfanget dises Buch wieder zurück das Euch und euren Väter so viel Trost gab – das Buch das euch den Allmächtigen kennen lehret, der euch und alles schuf- das Buch des euch in die grössten Seeligkeiten führet, wenn ihr die Weege wandelt, so euch darin vorgeschrieben sind, und euch Straffe und Verdammmis bereitet, so ihr es nicht thut! Lernet daraus die Allmacht Gottes kennen, der uns durch seinen Sohn die herrlichsten Tage verheissen hat von Ewigkeit zu Ewigkeit!

Viktor von Wattenwyl, Dragonerhauptmann
Beat von Tscharner, Dragonerhauptmann
Johann Rudolf Bucher, Jägerhauptmann

samtliche dess grossenrathes des Stahdes Bern - welche wegen einer aus Gastern vorzunehmenden Holzlieferung sammt dem Herrn Oberförster Gaudard dahin gekommen sind. Beide erste als Assessopen in der Holzkammer und ich Johann Rudolf Bucher als Secretarius. 1785
Hausväter fanden sich noch folgende im obigen Jahr in Gastern, die zusammen vierzehen Söhne und zehne Töchter hatten - also Peter Künzi, Bäuertvogt; Peter Germann; Peter Grossen; Christen Grossen, Christen Gropsen der Sohn; Peter Grossen; Gilden Grossen; Christen Holzer; David Stoller; Hans Ritter; Gilgian Holzer und Peter Germann,

also 12
Weiber 11
Söhne 15
Töchter 12
Summa 50 Seelen

Die Gasternbibel wird bis heute beim ältesten Gasterer aufbewahrt, zur Zeit ist dies Christian Künzi vom Steinbock Gasterntal in Selden. Die Bibel wird bis heute an der Gasternpredigt verwendet, welche jeweils am ersten Sonntag im August stattfindet.

1785: Der letzte Bär im Gastern

«Unter lautem Jubel wurde die Bestie nach der Tellenburg getragen, und die Haut wurde im Landhause zu Frutigen aufbewahrt.»

K. Stettler, Das Frutigland, Bern, 1887

Als einer der letzten Braunbären (Ursus arctos) im Berner Oberland wird der letzte Bär im Gastern 1785 erlegt. Über die genauen Umstände und den Ablauf der Jagd gibt es verschiedene Schilderungen:

Zwanzig Jahre sind es her, dass ein grosser Bär sich im Tale blicken lies und seinen Herden fürchterlich ward. Er wurde von der ganzen waffenfähigen Mannschaft gejagt, Er floh die Felsen unter dem Balmhorn hinan, die Jäger verfolgten ihn, und auf dem Gletscher, über den der Weg nach dem Lötschental führt, erhielt er einen Schuss, und bald darauf einen zweiten, als er verwundet fliehen wollte, Verzweifelt stürzte sich das wilde und erschrockene Tier den Gletscher hinunter, ein Jäger fand es blutend und erschöpft in einer Felsenbalm, und gab ihm hier vollends den Rest. Der ersteund zweite Schuss sei von einem Mann namens Grossen abgegeben worden.
Im Triumph wurde das mächtige Tier nach der Tellenburg, den Sitz des Kastlans in Frutigen getragen, die Haut wurde zum Gedächnis im Landhaus Frutigen aufbewahrt, Die Männer kehrten vor Freude trunken nach Gastern zurück, und sicher ruhten die Herden.
Aber nun wurden zum Lohn für die braven Jäger zehn glänzende Duplonen nach Gastern gesandt. Die ganze Mannschaft forderte diese Summe, weil alle die Bestie gejagt hätten. Aber Gilgen forderte mehr, weil er sie zuerst gesehen, Peter habe den ersten Schuss getan, Kläwi den zweiten und Muss (Hyronemus) habe den Bären in der Balm gefunden, Diese Ansprüche waren der Grund zu jahrelangem Streit und Hader unter den sonst anspruchlosen Bewohnern von Gastern, da jeder, der mit zur Treibjagt ausgezogen war, auf einen Teil der Belohnung Anspruch zu haben glaubte.

Bericht von Forstmeister Karl Kasthofer (1777-1853), 1811

Ähnlich wurde die Erzählung Karsthofers von Stettler beschrieben:

Gefährliche Raubthiere kommen keine mehr vor. Anders war es in frühern Jahrhunderten, wo z.B. Bären keine Seltenheit waren. Wahrscheinlich den letzten Besuch dieses den Heerden verderblichen Raubgesindels hatten die Gasternbewohner gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts, wo nach der Erzählung Kasthofers ein großer Bär von der ganzen Mannschaft gejagt, zuletzt auf dem Lötschengletscher durch drei Schüsse erlegt wurde.

K. Stettler, Das Frutigland, Bern, 1887

Dieser Bericht scheint aber der Version der Berner Regierung zu widersprechen. Der Bericht der Regierung vom 3. Oktober 1785 an den Oberamtmann in Frutigen lautete:

Mit besonderem Vergnügen haben Wir aus Eurer eingesandten Relation vernommen, mit welchem Eifer, Mut, Vorsicht und Standhaftigkeit verschiedene Landleute im Gasterntal einem auf dem Gfellberg herum laufenden grossen, wilden Bären die Jagd gegeben und denselben durch verschiedene auf ihn losgebrannte Schüsse erlegt. Zur Bezeugung nun unserer Zufriedenheit über das Wohlverhalten dieser Landleute hahen wir dem Peter Grossen Christians Sohn, der bei dieser Jagd sich sehr exponiert hat, zwei Berndukaten und dem Christian Grossen, so den fünften und letzten Schuss auf den Bär getan, auch zwei Dukaten, übrigen bei dieser Jagd sich eingefundenen bewehrten Männern (waren Christian Grossen der Sohn, Peter Germann, Peter Künzi, Johannes Gunten und Gilgian Grossen von Fürten) aber jedem einen Berndukaten zu einem diesörtigen Andenken, neben dem bestimmten Schussgeld verordnet, so Ihr ihnen unter Bezeugung Unseres Wohlgefallens über die diesorts getroffenen guten Anstalten und sämtlicher dieser Landleuten ruhmwürdiges Betragen entrichtet werdet.

Wie es üblich war, trugen die glücklichen Jäger die Bärenhaut in den benachbarten Gemeinden zur Schau, bei welcher Gelegenheit ihnen auch in Reichenbach und Aeschi ein Schussgeld verabfolgt wurde.

2017 wurde nach über 190 Jahren erstmals wieder ein Bär auf Berner Kantonsgebiet gesichtet. Der auf M29 benannte Bär wrude im Eriz gesichtet. Bisher ist aber noch kein Bär ins Gasterntal zurückgekehrt (Medienmitteilung, M29 und seine lange Wanderung in den Kanton Bern, 16. November 2017).

1811: Reise durch die Schweiz
Der Deutsche Georg Karl Wilhelm Rein schrieb das 1811 erschiene Buch Tagebuch meiner Reise durch die Schweiz. Rein hat die Gemmi überquert und auch den Eingang ins Gasterntal gesehen. Davon lies er sich folgendes erzählen: «Dies ist der Eingang in das Gasterthal, eines der abgeschiedensten und wildesten, aber doch bewohnten Bergthäler, in welches der glänzende Kandergletscher, ein Arm des großen Tschingelgletscher, herabzeigt.» (W. Rein, Tagebuch meiner Reise durch die Schweiz, Leipzig, 1811).

1812: Eine Bibel für jeden Haushalt
Im Jahre 1812 schenkte die Bibelgesellschaft zu Basel jedem Haushalt in Gastern ein bey der deutschen Bibel-Anstalt gedruckte Kleinausgabe der Piscatorbibel (3. Auflage) in überarbeiteter Fassung, nummeriert von 1-8. Die Nummern 7 und 8 enthielten nur das neue Testament. Dabei wurde von der Bäuertversammlung folgendes beschlossen:

Dismahl sind allhier Hausväter oder Bäuertmänner 12, aber nur 9 ode 10 haben hier Behausung, die den Winter über bewohnt werden kann, also theilt man dise 9 Bücher aus, nachdem ein jeder dieses Thal bewohnte. Weil diese Bücher aber durch viele Jahre konnten entwendet werden, so machten wir folgende Abordung:

1. Soll dise Bibel wie hierin vermerkt, bey dem ältesten Hausvater verbleiben, die übrigen Bücher werden numeriert un einem jeden Hausvater gegeben werden:

Nr. 1 dem Peter Grossen, Chorrichter
Nr. 2 dem Christian Grossen, Peters
Nr. 3 dem Peter Künzi
Nr. 4 dem Peter Grossen
Nr. 5 dem David Hari
Nr. 6 dem Gilgian Grossen, Peters
Nr. 7 dem Gilgian Grossen
Nr. 8 dem Haus Grossen und Mitbewohner
        Die Nr. 7 und 8 sind Testamente.

2. Sollen diese Bücher alljährlich im Frühling auf nechste hiesige Bäuertversammlung gebracht werden, dan solen sie vom Bäuertvogt durchgesucht werden, ob sie in guter Ordnung gebraucht werden, hat einer das seine verwüstet, Blätter verrissen, oder aus dem Band gemacht, so soll er nicht nur den Schaden gutmachen, sondern es soll ihm von Stunde an genommen werden.

Im Jahre 1812
Johannes Grossen

1834: Gletscherabbruch
In der Gasternchronik ist für den 11. August 1834 vermerkt, dass ein Gletscherabbruch beim Silleren-Gletscher stattgefunden habe:

“Am nemlichen obbenannten Tage riß am Abend, was seit 100 oder mehr Jahren nicht mehr geschehen ist, der Siller-Gletscher los, verwästete eine große Strecke Ackerland, wovon noch lange Spuren zu sehen seyn werden.”


1866: Das Oberland und seine Gletscher
Der Britische Rechtsanwalt, Historiker und Alpinist Hereford Brooke George publizierte 1866 das Buch The Oberland and its Glaciers. Im Kapitel 12 beschrieb H. B. George seine Tour von Kandersteg durchs Gasterntal über den Tschingelpass nach Lauterbrunnen. Damals war das Gasterntal noch nicht mit einer Strasse mit der Aussenwelt verbunden, sondern nur mit einem Pfad durch die Chluse. Diesen engen Taleingang umschreibt der Engländer in seinem Buch folgendermassen:

“The entrance into the Gasteren Thal from Kandersteg has been most skilfully masked by the hand of Nature, as if her choicest treasures of scenery were concealed within. Even in broad daylight it is not easy to discern from a little distance the position of the narrow winding cleft, through which the river Kander comes tumbling down in a series of beautiful rapids ; for a promontory of rock entirely hides every trace of the stream.”

Übersetzung

Übersetzung

«Der Eingang in das Gasterental von Kandersteg aus ist von der Hand der Natur am gekonntesten maskiert worden, als wären ihre erlesensten landschaftlichen Schätze darin verborgen. Selbst bei hellem Tageslicht ist die Lage der engen, gewundenen Kluft, durch die die Kander in einer Reihe schöner Stromschnellen hinabstürzt, aus einiger Entfernung nicht leicht zu erkennen; denn ein Felsvorsprung verbirgt jede Spur des Baches.»

H.B. George, The Oberland and its Glaciers, London: Bennett, 1866

Bei der Überschreitung war auch ein namenloser Hund dabei, welcher nach erfolgreicher Überquerung des Tschingelpasses Tschingel benannt wurde:

“[…] his performance was highly meritorious, and deserved the recognition it afterwards received, when a committee of the whole party unanimously named him Tschingel, in honour of his being the only dog in the Oberland known to have made a glacier pass.”

Übersetzung

Übersetzung

«Seine Leistung war höchst verdienstvoll und verdiente die Anerkennung, die ihm später zuteil wurde, als ein Komitee der ganzen Gemeinschaft ihn einstimmig Tschingel benannte, zu Ehren dessen, dass er der einzige Hund im Oberland war, von dem bekannt ist, dass er einen Gletscherpass gemacht hat.»

H.B. George, The Oberland and its Glaciers, London: Bennett, 1866

1880: Mark Twain: A Tramp Abroad
Der amerikanischer Schriftsteller Mark Twain erzählt in seinem 1880 erschienen Buch A Tramp Abroad (Deutsche Übersetzung: Bummel durch Europa) von seiner Europareise 1878. Das als halb-fiktiver, satirischer Reisebericht geschriebene Buch erwähnt in Kapitel 33 (We Climb Far — by Buggy) das Gasterntal, insbesondere die Chluse: Die Kühe dort tragen Kirchenglocken und das sei bei diesen Kühen dort eine gute Idee, denn wegen diesem Wildbach könne man eine normale Glocke genausowenig hören wie das Ticken einer Uhr (M. Twain, A Tramp Abroad, American Publishing Company, 1880).

1906–1913: Bau des Lötschbergtunnels
Beim Bau des Lötschbergtunnels kam es am 23. Juli 1908 zu einem folgenschweren Unglück: Nach einer Sprengung drangen Sand-, Kies- und Schlammassen in den Tunnel ein. Dabei entstand im Gasterntal eine Geländesenkung. 26 Mineure kamen dabei ums Leben, nur eine der Leichen konnte geborgen werden. Der Tunnel wurde anschliessend mit einem Umgehungsstollen realisiert, eine geradlinige Tunnelführung musste nach weiteren Einbrüchen verworfen werden (P. Belloncle, Das grosse Buch der Lötschbergbahn, Kerzers: Edition Viafer, 2005).

lötschbergtunnel bau querschnitt 1910
lötschbergtunnel 1910 Karte
lötschbergtunnel gasterntal Einbruch

Abbildungen: Querschnitt durchs Gasterntal zur Illustration des Unglücks (Querschnitt Gasterntal, zwischen 1908 und 1910), Karte der neuen Tunellführung nach Einbruch (Karte, zwischen 1908 und 1910) und Geländesenkung im Gasterntal als Folge des Einbruchs (L. Wehrli, 1910).

1924/25: Chlusenstrasse
Der Bau der Chlusenstrasse erfolgte als Arbeitslosenprogramm. Bei Aufräumarbeiten im Archiv der Ersparniskasse Aeschi kamen 1962 Akten zum Strassenprojekt Klusweg Kandersteg zum Vorschein, welche bis heute der Bäuert Gastern erhalten geblieben sind. Darin befinden sich Lohnlisten, Pläne im Massstab 1:100 und 1:50, der Subventionsentscheid vom Volkswirtschaftsdepartement sowie einen Brief bezüglich Abrechnung vom kantonalen Arbeitsamt:

«Wir teilen Ihnen mit, dass das eidg. Arbeitsamt, Sektion für Arbeitsbeschaffung, die Abrechnung für die Korrektion und Verlängerung des alten Weges zum Gasternthal der Klusenwegkorporation in Kandersteg genehmigt hat.
Die uns mit Ihrem Schreiben vom 26. September anhin zugestellten Lohnlisten, sowie 5 Pläne und den diesbezüglichen Subventionsentscheid erhalten Sie beiliegend zu unserer Entlastung.
Die Auszahlung der Totalsubvention erfolgt in den nächsten Tagen. »

Brief vom kantonalen Arbeitsamt an Grossrat Bühler in Frutigen, datiert auf den 2. November 1925

Der Bau erfolgte gemäss Subventions-Entscheid von September 1924 bis September 1925. Der Totalbetrag der Bauabrechnung betrug 115'500.- Franken, wobei Fr. 50'434.70 als Löhne ausbezahlt wurden und der Maximalbetrag von 50'000.- Franken zuschlagsberechtigte Lohnsumme als Subvention ausbezahlt wurde.

Chlusenstrasse Normalien Anschnitt 1924
Chlusenstrasse 1924 Subventions-Entscheid
Chlusenstrasse 1924 Brücke Bogenberechnung

Abbildungen: Plan der Chlusenstrasse, Subventions-Entscheid und statische Berechnung des Bogens in den Plänen für die Chlusebrücke.

Chlusenstrasse Brücke Längsschnitt
Chlusenstrasse Brücke Zeichnung Seitenansicht
Chlusenstrasse Foto Bau Chlusenbrücke

Abbildungen: Seitenansichtsplan der Chlusenbrücke und Foto des Lehrgerüstes zum Bau der Brücke.

1941/42: Pflichtholzabgabe
Gemäss Protokoll der Bäuert Gastern wird die Pflichtholzabgabe von 160 Ster auf 50 Ster herabgesetzt.

1941/42: Abgabe Strassenbenützung
Erstmals wurde ein Gesuch ans Militär gestellt, dass für die Strassenbenützung einen Betrag zu entrichten sei (Protokoll der Bäuert Gastern).

1944: Unwetter
Anfangs September richteten Unwetter schäden für rund 50'000 Franken an der Strasse an (Gasternchronik).

1951–1952: Neubau der Mutthornhütte
Die erste Mutthornhütte wurde 1896 aus Holz von der Sektion Weissenstein des SACs gebaut. Die ursprünglich 20 Schlafplätze reichten bald nicht mehr, 1908 wurde auf 40 und 1913 auf 54 Schlafplätze erweitert. Der Holzbau hatte in der Zwischenzeit stark gelitten, darum beschloss die Sektionsversammlung 1949 einstimmig, den Holzbau durch einen Neubau in Stein zu ersetzen. Für den Neubau wurden 148'000 Fr. veranschlagt.
Die Steine für die neue Mutthornhütte wurden vor Ort gebrochen, weiteres Material musste zur Baustelle gebracht werden. Zu Beginn wurde das Baumaterial von Kandersteg mit dem Auto bis Selden im Gasterntal gebracht und von dort mit Maultieren bis zum Gletscherrand gebastet (hochgetragen). Von dort wurde mit durch Seilwinden gezogene Schlitten das Material über den Kanderfirn zur Baustelle gebracht. Daneben wurden neue Methoden für den Materialtransport zu Baustellen im Gebirge ausprobiert: Anstelle Baumaterial hochzutragen, wurde Material mit dem Flugzeug zur Baustelle gebracht, zuerst mittels Abwurf, später mit Gletscherlandungen. Gemäss einem Bericht der Schweizer Illustrierte war der Abwurf aus dem Flugzeug mit viel Materialverlust verbunden:

«Ein Großteil der abgeworfenen Lebensmittel und Materialien erlitt Schaden oder verschwand auf Nimmerwiedersehen. So versank ein Amboß fast drei m unter dem Schnee und konnte erst nach Wochen aufgefunden werden, oder der zusammen mit einem Laib Käse am Petersgrat abgeworfene Bauplan wurde erst nach vierzehn Tagen aufgefunden.»

«Ein Flugzeug landet mit Material zum Ausbau der Mutthornhütte auf dem Kanderfirn», Schweizer Illustrierte 1952, 1. Juli, 15.

Auch ein späterer Bericht in der Schweizerische Bauzeitung beschrieb den Abwurf aus dem Flugzeug:

«Selbst 20 Flaschen Wein haben diesen einzigartigen Transport überstanden, wenn sie auch einzeln aus dem Schnee gegraben werden mussten, weil die Kiste auseinanderflog!»

O. Sperisen, «Mutthornhütte», Schweizerische Bauzeitung 1953, 71

Hermann Geiger gelangen 1952 Gletscherlandungen neben dem Mutthorn. Mit seiner Piper Super Cub HB-OED hat er gemäss Schweizer Illustrierte rund 15 Tonnen Material in 100 Flügen auf den Bauplatz gebracht. Die Schweizerische Bauzeitung wiederum berichtete, dass der Hüttenneubau rund 80 t Material benötigte, wobei 62 t mit Maultier- und Gletschertransport und 17 t mit dem Flugzeug gebracht wurden (Schweizer Illustrierte 1952, 1. Juli, 15. und O. Sperisen, Schweizerische Bauzeitung 1953, 71).

Über die Flüge von Geiger wurde auch in der Schweizer Filmwochenschau vom 15.08.1952 (Bundesarchiv: J2.143#1996/386#535-1#6*) berichtet. Der Gletscher westlich der Muttornhütte wird bis heute als Gebirgslandeplatz genutzt: LSYK, 46°29'09.0"N 7°49'42.0"E.

1952: Sprengversuche
Um die Druck- und Splitterwirkung auf Mauern, Türen und Splitterschutzelementen von Schutzräumen zu untersuchen, wurden im Gasterntal von der Abteilung für Luftschutz zusammen mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt sowie der Kriegstechnischen Abteilung Sprengversuche durchgeführt. Dafür wurde eine halbkreisförmige Versuchsanlage gebaut.
Vom 14. bis 18. Oktober wurden mehrere Sprengungen mit Bomben zwischen 50 kg und 500 kg sowie eine Sprengung einer einzelnen Bombe mit 1000 kg Sprengstoff durchgeführt. Die Kriegstechnischen Abteilung führte im Tal und am Gemmiweg Luftdruckmessungen durch. Die Wirkung der Sprengungen auf die verschiedenen Objekte wurde anschliessend durch die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt untersucht (B. von Tscharner, Protar 1952, 18.).
Die Sprengversuche wurden in der Schweizer Filmwochenschau vom 24.10.1952 (Bundesarchiv: J2.143#1996/386#545-1#5*) gezeigt:


1959: Stausee
Ein Artikel vom damaligen Vizedirektor der Bernischen Kraftwerke AG mit dem Titel Das Gasterntal ist nicht dicht erschien in der Zeitung Der Bund (A. Binz, Der Bund, Nr. 284, 8. Juli 1959).
Binz führte aus, dass für die Möglichkeit eines Stausees im Gasterntal zu verwirklichen, verschiedene Untersuchungen durchgeführt und Fragen dazu geklärt werden mussten. Pläne sahen vor, nicht nur die Kander zu stauen, sondern zusätzlich mit Stollen Wasser aus dem Rhone-Einzugsgebiet in den Gasternsee überzuleiten. Mit einem weiteren Stollen durch die Gemmi sollte dann das Walliser Wasser wieder in die Rhone geführt werden, daneben hätte man in Kandersteg das Berner Wasser vom Gasternsee erstmals genutzt. Dafür wurde das Konsortium Rhone-Kander bestehend aus den Partnern Bernische Kraftwerke AG, Elektro-Watt Zürich und Motor-Columbus Baden, gebildet.

Stausee im Gasterntal

Abbildung: Plan des geplanten Staubecken im Gasterntal mit der Sperrstelle Klus sowie Stauspiegel nach Projekt (Bundesarchiv: E8170D#2015/238#1972*).

Bereits das folgenschweren Unglück von 1908 beim Bau des Lötschbergtunnels (1906–1913) zeigte eindrücklich auf, dass für einen Stausee im Gasterntal umfangreiche geologische Untersuchungen bezüglich Dichtigkeit notwendig sind. Ausgedehnte Sondierbohrungen im Gasterntal zwischen 30 und 60 m wie auch weitere Bohrungen im Lötschbergtunnel wurden durchgeführt. Weiter wurden Grundwasserspiegelmessungen, Niederschlags- und Abflussmessungen sowie Färbversuche gemacht.
Das Gasterntal verliert schätzungsweise 10 Millionen Kubikmeter Wasser an seinen Untergrund, mit einem See durch den höheren hydrostatischen Druck wahrscheinlich sogar noch mehr. Damit eignet sich das Gasterntal nicht für einen grossen Stausee mit einer Sperrstelle in der Chluse.
Binz schien aber weiterhin ein verfechter der Wasserkraft zu sein, den Artikel schliesst er mit einem kritischen Kommentar zur Kernkraft ab:

«Man wird sich der Kander erinnern, bevor das Kapitel des Ausbaus der schweizerischen Wasserkräfte abgeschlossen und dazu übergegangen wird, teure, komplizierte und im Betrieb heikle Atomkraftwerke zu bauen.»

A. Binz, «Das Gasterntal ist nicht dicht», Der Bund, Nr. 284, 8. Juli 1959

1957: Steinböcke
Im Wallis wurde 1809 der letzte Steinbock der Schweiz geschossen. Die lokal ausgerottete Tierart konnte nur durch Aussetzung wieder heimisch gemacht werden. 1957 kamen erstmals wieder Steinböcke durch Einwanderung ins Gasterntal zurück, 1958 wurde dies durch Aussetzung verstärkt (R. Walker, Schweizer Jäger, 2013 und P. Meyer, Hrsg. , Illustrierte Berner Enzyklopädie 1981).

1960: Artillerie-Nachtschiessen
Gemäss einem Artikel der Volkszeitung Spiez sollen gemäss Bericht des Wildhüters häufiger Artillerie-Nachtschiessen im Gasterntal stattfinden. Dabei werde die ganze Bergkette von Wildelsigen bis zum Petersgrat beschossen. Dadurch soll das Wild zusammengetrieben worden sein:

«Am Morgen aber sind meist irgendwo zuhinterst im Tal ganze Rudel anzutreffen, die völlig verdattert und zitternd vor Angst eng zusammen stehen und nicht einmal mehr fähig sind, vor dem nahenden Menschen die Flucht zu ergreien.»

«Muß das sein?», Volkszeitung von Spiez, 26. Dezember 1960

Gemäss Bericht des Eidgenössischen Militärdepartements vom 6. Februar 1961 haben interne Erhebungen ergeben, dass weder die Infanterie noch die Artillerie Nachtschiessen im Gasterntal durchfürten. Insbesondere die Artillere benützte das Gasterntal nur sehr selten für Schiessübungen. Weiter kam zu Vorschein, dass der Wildhüter vor 8–10 Jahren vermeintlich einem Artillerie-Nachtschiessen beigewohnt und dies kürzlich an einer Naturschutzbundtagung geschildert habe (Bundesarchiv: E5001G#1972/48#3264*).

1978: Restaurierung der Gasternbibel
Die Bäuertgenossen von Gastern und Vertreter des Kirchgemeinderates Kandergrund-Kandersteg beschliessen im Pfarrhaus Kandersteg am Freitag, 16. Juni 1978, die Gasternbibel zu restaurieren. Die Restauration erfolgte 1979 in der Restaurierungswerstätte der Stadt- und Universitätsbibliothek Bern durch den Restaurator E. Oberholzer (Gasternchronik).

1983: Alpine Trek for the timid
Ein Artikel in der New York Times berichtet über Wanderferien in den Schweizer Alpen mit einem Erlebnisbericht: Die Autorin erzählt von Ihrer Wanderung von Kandersteg durch das Gasterntal und über den Lötschenpass mit Übernachtung auf dem Gfellalp. Die Übernachtung im Matratzenlager kostete $3.75, für ein Zimmer wären $5 mehr fällig gewesen, diese waren aber bereits ausgebucht. Unterwegs in den Hütten gäbe es kaum frische Früchte und Gemüse, dafür guten Hobelkäse, frische Milch und Butter sowie Rösti, welche wie American hash browns schmecken (L. Rosellini, The New York Times, 1983).

1999: K20
Am Taleingang unterhalb der Chluse befindet sich die Führungsanlage K20, ein Bunker der Schweizer Regierung. Der 1999 fertiggestellte Bau kostete rund 230 Millionen Franken (M. Tribelhorn, NZZ, 2017).

2000: Sanierung Chlusenbrücke
Die Chlusenstrasse überquert nach der Felsengallerie die tosende Kander über eine Bruchsteinbrücke, welche nun nach 75 Jahren saniert werden musste. Die Kosten der Sanierung beliefen sich auf 410'000 Franken. Ein Drittel wurde von der Bäuert Gastern bezahlt, die restlichen Kosten wurden von der Gemeinde Kandersteg, Bund und dem Kanton Bern getragen (S. Ryter, Berner Oberländer, Nr. 80, 4. April 2000).

2008: Ein Topf voll Zeit 1928-1948
Kurt Marti (1921–2017) gehörte zu den bedeutensten Schweizer Schriftsteller und Lyriker. Der Pfarrer erzählt in seiner Autobiographie Ein Topf voll Zeit 1928-1948 (Kurt Marti, Nagel&Kimche, 2008) von seiner Kindheit, seinen Schuljahren und seiner Begeisterung für Jazz. Im Kapitel Nicht eben rühmliches Ende des Aktivdienstes beschreibt Marti seine Zeit im Aktivdienst, unter anderem auch im Gasterntal:

«[…] überraschten die Studenten mit einem Marschbefehl zwecks Dienstnachholung für Mitte Juni nach Kandersteg. Dort fand er einen Trupp ebenfalls verärgerter, verdrossener Nachholer vor, die nur von einem überzeugt waren, nämlich von der absoluten Sinnlosigkeit des ihnen befohlenen Tuns. Jeden Morgen musste der Student und Korporal sie ins schöne Gasterental hinaufführen, an dessen Eingang sie an einem Sträßlein bauten. Niemand von ihnen verstand etwas von Straßenbau. […]»


2011: Archäologische Funde auf dem Lötschenpass
Mitarbeiter des Archäologischen Dienstes des Kantons Berns konnten bereits im Folgejahr weitere Utensilien sicherstellen. Gefunden wurden unter anderem eine Spanschachtel mit Getreidemehl, Pfeilbogenfragmente, Pfeilspitzen, Lederstücke sowie ein Behälter aus Kuhorn. Untersuchungen haben ergeben, dass die ältesten Fundstücke bis zu 4000 Jahre alt sind und damit aus der frühen Bronzezeit stammen (Gasser und Schlapbach, Berner Zeitung 2017 und Hafner, Archäologische Forschungen in den Berner Alpen, Archäologischer Dienst des Kantons Berns, 2015).

SRF «Schweiz aktuell» vom 3. Oktober 2017 berichtete:




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